Im Abschnitt "Baruch sche'amar" von Tefilat Schacharit loben wir G'tt als den "Osse Bereschit", wörtlich "Macher des Anfangs." Damit ist gemeint, dass er die Welt erschuf. Danach loben wir G'tt dafür, dass er Erbarmen mit der Erde hat, und schließlich dafür, dass er mit den Geschöpfen Erbarmen hat.
Die Tora und damit die Parascha dieser Woche beginnt mit den Worten "Am Anfang von G'ttes Schaffen von Himmel und Erde." Im zweiten Abschnitt wird dieser Prozess etwas anders eingeleitet: "Am Tag von Haschems, des G'ttes, Machen von Erde und Himmel." Hierbei fallen drei Unterschiede auf: Machen statt Erschaffen, die Reihenfolge von Himmel und Erde ist vertauscht und der G'ttesname, der für die Eigenschaft der Strenge steht wird durch einen weiteren Namen ergänzte, der für g'ttliches Erbarmen steht.
Dies lässt sich anhand eines Midrasch erklären, wonach die Welt nur mit g'ttlicher Strenge nicht bestehen könnte, weshalb G'tt die Eigenschaft des Erbarmens ergänzte. Die Schöpfung beginnt nun nicht mehr mit Strenge im Himmel und erstreckt sich von dort auf die Erde, sondern beginnt auf der Erde. Dies alles finden wir in den Sätzen von "Baruch Sche'amar" angedeutet: G'tt wird als der gelobt, der die Welt "macht", entsprechend dem zweiten Bericht in der Tora, der dieses Wort benutzt und die Erschaffung der Welt mit Erbarmen beschreibt, und anschließend werden das Erbarmen für die Erde und ihre Geschöpfe erwähnt.


Da wandte sich G'tt zu Hewel und zu seinem Opfer, aber zu Kain und zu seinem Opfer wendete Er Sich nicht.

Es fällte die doppelte Verwendung von "zu" auf, wenn es genügt hätte zu schreiben "zu Hewel und seinem Opfer" beziehungsweise "zu Kain und seinem Opfer." Wir können daraus lernen, dass es nicht nur wichtig ist, was man gibt, sondern auch wie man gibt, denn G'tt wendete sich eben nicht nur an Hewels Opfer, sondern zuerst an Hewel und seinen Gedanken, nur das Beste als Opfer zu bringen, und dann ans Opfer selber. Umgekehrte wendete er sich weder an Kain, der nicht diese Gedanken hatte, noch an dessen Opfer.
Dieses Prinzip, dass es nicht nur darauf ankommt was, sondern auch wie man gibt, finden wir an mehreren Stellen im Talmud. So lernen wir, dass man sieben Segen erhält, wenn einem Armen Menschen Zedaka gibt, aber elf zusätzliche, wenn man ihn mit positiven Worten ermutigt. An einer anderen Stelle lernen wir, dass einer, der seinen Vater reichhaltig ernährt, ins Gehinom kommen kann, während einer, der ihn nur kümmerlich ernährt ins Paradies kommen kann, da es nicht nur auf die Menge ankommt, sondern auch darauf, wie man gibt und welches Gefühl man dem Bedachten vermittelt.
Das selbe gilt auch für Mizwot gegenüber G'tt. Es ist nicht nur wichtig, dass man betet, sondern auch wie. Und auch wenn wir aus der Sukka gehen müssen, zum Beispiel, weil es regnet, ist es ein Unterschied, ob wir darüber erleichtern sind, oder ob wir traurigen Herzens aus der Sukka gehen.


Raschi erklärt, dass mit dem ersten Wort der Tora, "Bereschit", gemeint ist, dass die Welt für die Tora erschaffen wurde, die auch "Reschit" (die Erste) genannt wird. Aus diesem Grund wird von der Welterschaffung gleich am Anfang erzählt.

Bevor G'tt den Juden die Tora angeboten hat, hatte er sie, wie der Midrasch berichtet, bereits verschiedenen anderen Völkern angeboten. Doch jedes Volk wollte wissen, was in der Tora steht und lehnte sie schlussendlich ab, weil es sich durch eines der Verbote eingeschränkt sah. Schlussendlich antworteten die Juden: "Wir werden machen und wir werden hören", sie akzeptierten die Tora also bevor sie ihren Inhalt kannten. In erster Linie konnte das Volk das tun, weil es sich sicher war, dass G'tt nichts schlechtes anbieten würde. Wenn er uns die Tora geben will, ist sie sicher zu unserem Guten. Doch woher kam dieser starke Glaube, der die Juden dazu führte, ein so umfangreiches Regelungswerk wie die Tora zu akzeptieren, obwohl sie bisher nur einzelne Mizwot kannten.

Raschi fragt ebenfalls zum ersten Wort der Tora, wieso die Tora eigentlich mit der Welterschaffung beginnt und nicht mit der ersten Mizwa für die Juden als Volk. Der Ramban thematisiert, weshalb Raschi diese Frage überhaupt stellt. Denn die Tatsache, dass G'tt die Welt erschaffen hat, ist die Grundlage des Glaubens an G'tt und seine Tora. Ohne dieses Basis gäbe es keine Tora und keinen Glauben. Doch wie der Ramban erklärt, hat Raschis Frage doch eine Berechtigung, denn da wir die Erzählungen von der Welterschaffung ohnehin nicht verstehen können, könnte man glauben, dass es sinnvoller wäre, mit dem ersten wichtigen Gebot zu beginnen, und die Erzählung, die nur viele Fragen aufwirft, wie zum Beispiel, wieso die Welt in sechs Tagen und nicht auf einmal erschaffen wurde, wie aus nichts etwas werden kann, und viele mehr, wegzulassen. Doch die Tora erwähnt diese Basis des Glaubens trotzdem, da sie so wichtig ist.

Hierin liegt die Grundlage für uns zu verstehen, dass wir nicht alles verstehen können. Bereits die Welterschaffung hat uns daran gewöhnt, dass wir nicht alles verstehen können. Und so konnte das Volk bei der Toragabe diese akzeptieren, ohne sie genau zu kennen, denn bereits seit der Welterschaffung war das Konzept bekannt, etwas zu akzeptieren, obwohl man es nicht versteht. Das ist mit der anfangs erwähnten Erklärung gemeint: Für die Tora wurde die Welt erschaffen. So wie man die Welterschaffung akzeptiert, ohne sie zu verstehen, so haben wir auch die Tora akzeptiert, ohne sie zu kennen. 


Am zweiten Tag der Welterschaffung schied G'tt zwischen dem oberen und dem unteren Wasser. Das obere wurde der Himmel und das untere Wasser wurde zu den Meeren. Dieser Tag war der einzige, an dem G'tt nicht zusammenfasste, "dass es gut war", da hier eine Trennung gemacht wurde, die die Grundlage für einen Streit ist.

Doch am vierten Tag wurden die Himmelskörper erschaffen, und auch sie dienen laut dem Wortlaut der Tora der Trennung, nämlich der Trennung der Tageszeiten einerseits des Lichts - der Tag, und andererseits der Dunkelheit - die Nacht.

Im Buch Kohelet steht, dass der Vorzug der Weisheit vor dem Unverständnis wie der Unterschied zwischen Licht und Dunkel ist. Ob jemand weise ist oder nicht, ist nicht einfach eine Eigenschaft wie viele andere, zum Beispiel Körpergröße oder Augenfarbe, sondern ein ganz wesentlicher Unterschied, wie der zwischen hellem Licht und Finsternis. Die Trennung der Bereiche Licht und Dunkelheit am vierten Tag ist also nicht einfach eine Trennung, wie die der Gewässer, sondern steht ganz grundsätzlich für die Erschaffung von Verstand, Weisheit und Wissen, weshalb G'tt hier betonte, "dass es gut war." Nach den vielen Chagim, die wir hinter uns haben, können wir in Paraschat Bereschit lernen, dass es einen Unterschied zwischen gut und böse, süß und bitter, Licht und Dunkel gibt, und in diesem Sinne das Jahr beginnen.


Der griechische König Ptolemaios II. ließ 70 jüdische Weise die Tora übersetzen. Um zu verhindern, dass er eine falsche Übersetzung bekommt, setzte er alle 70 jeweils in ein eigenes Zimmer, sodass sie sich nicht absprechen konnten. Eine der Änderungen, die sie vornahmen, betrifft die dieswöchige Parascha:

Wörtlich beginnt die Parascha mit: "Am Anfang schuf G'tt (...)." Um zu verhindern, dass verstanden werden könnte, ein anderes göttliches Wesen, "Am Anfang", habe G'tt erschaffen, übersetzten alle 70 Weisen mit "G'tt schuf am Anfang."

Es stellt sich aber natürlich die Frage, weshalb die Tora im Original nicht diese Reihenfolge der Worte verwendet, um dieses mögliche Missverständnis gar nicht erst zuzulassen. Die Herangehensweise und das Verständnis unterscheiden sich zwischen uns Juden, als wir die Tora bekommen haben, und den anderen Völkern. Als das Volk die Tora bekommen hat, war die Existenz G'ttes bereits fest im Bewusstsein der Menschen verankert - nach Auszug aus Ägypten, Meerspaltung, Man und den vielen anderen Wundern, gab es keinen Zweifel mehr, dass G'tt existiert. Deshalb war es wichtig, am Beginn der Tora zu betonen, dass die Welt von G'tt erschaffen wurde, und er sie permanent überwacht. Bei den anderen Völkern hingegen, wie zum Beispiel bei den Griechen, war noch keinewegs allgemein bekannt, dass G'tt existiert. Hier war es also wichtig, diese Tatsache eindeutig und unmissverständlich an den Anfang zu setzen.


In unserer dieswöchigen Parascha, der ersten der ganzen Tora, wird die Erschaffung der Welt beschrieben. Unter anderem steht dort: "Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an einen Ort, und es werde das Festland sichtbar." Davor war nämlich die ganze Erde mit Wasser bedeckt. G'tt befahl nun, dass sich das Wasser an einem Ort sammeln soll, und dass an den freigewordenen Stellen das Festland erscheinen soll.

Wieso befiehlt G'tt ausdrücklich, dass das Festland erscheinen soll? Das ist doch die logische Folge, wenn sich das Wasser an einem Ort konzentriert.

Im Buch Kohelet steht: "Es gibt nichts Neues unter der Sonne." Sogar wenn ein Wunder geschieht, war es schon zu Zeiten der Welterschaffung programmiert, auch die größten Wunder sind "nichts Neues unter der Sonne." In diesem Zusammenhang ist der Passuk (Satz) über die Entdeckung des Festlands zu lesen: Er ist eine bereits bei der Welterschaffung vorhanden gewesene Andeutung für die zukünftige Meerspaltung, bei der, wie es im Passuk steht, "das Festland sichtbar wurde", nachdem sich das Meer gespalten hatte.