Einerseits bestand Ja'akov darauf, dass Josef ihn in Israel in der Machpela-Höhle, in der bereits Ja'akovs Eltern und Großeltern begraben worden waren, begraben soll. Andererseits hatte er einst, als seine Frau Rachel, Josefs Mutter, verstorben war, diese nicht dort, und nicht einmal in bewohntem Gebiet, sondern am Wegesrand begraben. Ja'akov war sich bewusst, dass Josef ihm dies insgeheim vorhielt. Raschi erzählt ausführlich, wie Ja'akov sich Josef gegenüber rechtfertigt: Rachel zu begraben war ein g'ttlicher Befehl, damit dereinst, wenn das Volk aus Israel vertrieben wird, sie am Grab Rachels vorbeikommen werden und diese das Grab verlassen und weinend für das Volk um Erbarmen bitten kann. So steht es nämlich beim Propheten Jirmijahu geschrieben: G'tt wird ihr sagen, dass es Lohn für ihre Tat gibt, und die Kinder werden in ihr Gebiet zurückkehren. Die Tat, wegen der Rachel mehr als alle anderen Stammeltern für das Volk beten konnte, war ihre Weitergabe der Erkennungszeichen an ihre Schwester Leah. Vor der Eheschließung Ja'akovs und Rachels vermuteten diese bereits, dass Rachels Vater Lawan etwas im Schilde führt und machten sich Erkennungszeichen aus, mit denen Ja'akov seine Braut Rachel auch im Dunkel eindeutig identifizieren konnte. Doch Rachel wollte ihrer Schwester Leah, die Lawan heimlich mit Rachel austauschte, die öffentliche Bloßstellung, wenn Ja'akov sie zurückweisen würde, ersparen, gab die Erkennungszeichen weiter und verzichtete so auf eine Ehe mit Ja'akov. Sie konnte damals nicht davon ausgehen, dass sie ihn später doch noch heiraten werden würde. Der Verdienst dieses Verzichts ermöglichte ihr, zu G'tt zu beten und Erbarmen zu erwirken, denn auf persönlichen Verzicht gibt es keine Erwiderung.
Doch eine Frage bleibt noch unbeantwortet: Ja'akov hat erklärt, weshalb Rachel am Weg begraben werden musste. Aber weshalb wollte Ja'akov selber in Israel begraben werden und nicht ebenfalls am Weg, neben Rachel? Doch in Wahrheit ist die Antwort die gleiche: Wäre Rachel schlussendlich im Tod mit Ja'akov vereint, wäre ihr Verzicht kein vollständiger gewesen. Gerade dadurch, dass sie alleine am Wegesrand begraben wurde, und Leah mit Ja'akov in der Machpela-Höhle, wurde ihr Verzicht verewigt und in diesem Verdienst konnte sie später weinend um Erbarmen bitten.


Einige Zeit vor seinem Tod rief Ja'akov seinen Sohn Josef zu sich und ließ Josef schwören, dass dieser ihn dereinst im Land Israel begraben werde. Einige Zeit später, als Ja'akov sich dem Tode nah sah, wurde Josef zu ihm gerufen und Josef wurde von seinem Vater gesegnet. Bei dieser Gelegenheit begründete Ja'akov, weshalb er Rachel, Josefs Mutter, am Weg begraben hatte, und sie nicht einmal in die nächstgelegene Stadt brachte: Dereinst werden seine Nachkommen aus Israel vertrieben werden und am Weg in die Vertreibung an Rachels Grab vorbeikommen. Dieser wird ihr Grab verlassen und für für das Volk weinen und bitten, sodass sie schlussendlich nach dem Exil wieder in ihre Grenzen zurückkehren werden. Doch eigentlich wäre diese Erklärung früher, beim Schwur Josefs, Ja'akov in Israel zu begraben, angemessen gewesen: Ja'akov forderte ja von seinem Sohn etwas, das er Josefs Mutter verweigerte. An dieser Stelle wäre eine Erklärung dieses Verhaltens zu erwarten gewesen.
Der Segen eines Vaters für seine Kinder hat eine sehr große Bedeutung, die wir nicht leichtfertig behandeln sollten. Doch die Vorraussetzung dafür, dass sich der Segen beim Sohn erfüllt, muss dieser seinen Vater ehrt und Kontakt mit ihm hat. So verhält es sich auch mit dem Segen von Zaddikim. Geht man mit der Einstellung zu einem Zaddik um einen Segen zu erhalten, dass dieser zumindest nicht schaden würde, wird er auch nicht nutzen. Nur wenn man den Segen ernst nimmt und sich mit dem Zaddik verbindet, wird sein Segen wirken, wie auch der Segen eines Vaters nur wirken wird, wenn man dieser ehrt. Mit dem Kontakt zum und der Wertschätzung für den Vater gibt man diesem die Möglichkeit, seine Kinder zu segnen.
Ja'akov erklärte sich absichtlich nicht beim Schwur, wissend, dass Josef dieses Thema beschäftigen muss. Doch Ja'akov wollte Josefs Reaktion sehen. Wird er etwas sagen? Wird er vergleichen? Wir es sich beschweren?
Als Ja'akov sah, dass Josef nichts dergleichen tat, wusste er, dass sie eine enge Bedingung miteinander haben und der Segen wirksam sein würde.


Josef nimmt seine Söhne Menasche und Efraim zu seinem Vater Ja'akov. Dieser möchte sie segnen, weshalb Josef sie so zu seinem Vater stellt, dass Menasche, der Ältere, zu Ja'akovs rechten steht, während Efraim, der Jüngere, links von Ja'akov steht. Doch Ja'akov überkreuzt seine Arme und legt seine rechte Hand, die als die wichtigere gilt, auf den Kopf des jüngeren Efraim und seine linke auf den Kopf des älteren Menasche. Raschi erklärt das von der Torah verwendete Wort "sikel" dahingehend, dass er die Hände nicht etwa unabsichtlich, sondern mit Überlegung und Weisheit lenkte. Doch die Kommentatoren fragen, worin die besondere Weisheit darin lag, die Hände zu überkreuzen?
Doch tatsächlich wäre die naheliegendere Lösung gewesen, die beiden Enkel zu ersuchen, ihre Plätze zu tauschen. Doch das hätte Menasche, den älteren Bruder, verletzen können. Ja'akovs Lösung dagegen war wahrhaft weise - einerseits legte er die rechte, bedeutendere Hand auf Efraim, doch andererseits legte er dann die linke Hand über die rechte, gab ihr also auch ein besonderes Gewicht, und ersparte außerdem Menasche die unangenehme Situation, seines Platzes an der rechten Seite verwiesen zu werden. Hätte Ja'akov dies nicht so gelöst, welchen Wert hätte sein Segen, der mit einer persönlichen Verletzung einhergeht, gehabt?
Eine andere Erklärung nimmt auf den Grundsatz aus Mischlej Bezug: Erziehe ein Kind in seinem Weg. Die richtige Erziehung nimmt nicht dem Erzogenen den Charakter, um einen neuen Aufzubauen, sondern lenkt den Charakter und die Eigenheiten, die das Kind hat, in die richtige Richtung. Dies finden wir auch im Verhalten Ja'akovs symbolisiert. Er ließ jeden wo beziehungsweise wie er war und änderte sein Verhalten gegenüber den beiden, um diese in die jeweils richtige Richtung zu lenken, sowie ein Erzieher oder Lehrer auch sein Verhalten anpasst, um jeden Kind individuell gerecht zu werden. Auf diesem Weg kann dann bei jedem mit G'ttes Hilfe Ja'akovs Segen in Erfüllung gehen.


Josef nimmt seine Söhne Menasche und Efraim zu seinem Vater Ja'akov. Dieser möchte sie segnen, weshalb Josef sie so zu seinem Vater stellt, dass Menasche, der Ältere, zu Ja'akovs rechten steht, während Efraim, der Jüngere, links von Ja'akov steht. Doch Ja'akov überkreuzt seine Arme und legt seine rechte Hand, die als die wichtigere gilt, auf den Kopf des jüngeren Efraim und seine linke auf den Kopf des älteren Menasche. Raschi erklärt das von der Torah verwendete Wort "sikel" dahingehend, dass er die Hände nicht etwa unabsichtlich, sondern mit Überlegung und Weisheit lenkte. Doch die Kommentatoren fragen, worin die besondere Weisheit darin lag, die Hände zu überkreuzen?
Doch tatsächlich wäre die naheliegendere Lösung gewesen, die beiden Enkel zu ersuchen, ihre Plätze zu tauschen. Doch das hätte Menasche, den älteren Bruder, verletzen können. Ja'akovs Lösung dagegen war wahrhaft weise - einerseits legte er die rechte, bedeutendere Hand auf Efraim, doch andererseits legte er dann die linke Hand über die rechte, gab ihr also auch ein besonderes Gewicht, und ersparte außerdem Menasche die unangenehme Situation, seines Platzes an der rechten Seite verwiesen zu werden. Hätte Ja'akov dies nicht so gelöst, welchen Wert hätte sein Segen, der mit einer persönlichen Verletzung einhergeht, gehabt?
Eine andere Erklärung nimmt auf den Grundsatz aus Mischlej Bezug: Erziehe ein Kind in seinem Weg. Die richtige Erziehung nimmt nicht dem Erzogenen den Charakter, um einen neuen Aufzubauen, sondern lenkt den Charakter und die Eigenheiten, die das Kind hat, in die richtige Richtung. Dies finden wir auch im Verhalten Ja'akovs symbolisiert. Er ließ jeden wo beziehungsweise wie er war und änderte sein Verhalten gegenüber den beiden, um diese in die jeweils richtige Richtung zu lenken, sowie ein Erzieher oder Lehrer auch sein Verhalten anpasst, um jeden Kind individuell gerecht zu werden. Auf diesem Weg kann dann bei jedem mit G'ttes Hilfe Ja'akovs Segen in Erfüllung gehen. 


Josef aber sagte zu ihnen: "Fürchtet nichts! Denn bin ich denn an Gottes Statt?"

Nach dem Begräbnis von Jaakov wenden sich die Brüder an Josef und erzählen ihm, ihr Vater Jaakov hätte ihnen vor seinem Tod aufgetragen, ihm auszurichten, sich an ihnen wegen des Verkaufs nicht zu rächen. 
Josefs Brüder wussten, dass es manchmal erlaubt sein kann, Schlechtes mit Schlechtem zu vergelten. Da sie für Josefs Leid verantwortlich waren, hatten sie die begründetet Befürchtung, ihr Bruder könnte sich nun an ihnen rächen.
Doch man darf jemand anderem auf jeden Fall nur ein genauso starkes und gleichartiges Übel zufügen, keines Falls mehr. In diesem Fall litt Josef zwar zunächst, es kam dann jedoch zu einer positiven Wendung. Hätte Josef also Rache nehmen wollen, hätte er seinen Brüdern derart Leid zufügen müssen, dass es sich am Ende zum Positiven wendet. Soetwas kann allerdings nur G'tt erreichen. Daher beruhigt Josef seine Brüder: Ich bin nicht an G'ttes Stelle, ich kann soetwas nicht vollbringen, weshalb ihr unbesorgt sein könnt, ich darf und werde mich nicht an euch rächen.
Natürlich gilt das selbe auch für uns. Wenn uns jemand etwas antut, handelt diese Person nicht richtig. Doch wir wissen, dass uns nichts geschehen kann, das nicht von G'tt so gewollt ist, weshalb jedes Übel einen positiven Aspekt hat. Deshalb können wir auch niemandem etwas heimzahlen, wenn wir wissen, dass wir diesen positiven Aspekt unseres Leids nie gleichwertig beim anderen bewirken könnten.


In der Parascha dieser Woche werden Josefs Söhne von Ja'akow gesegnet. Unter anderem sagt Ja'akow, sie mögen "den Fischen ähnlich zur Menge gedeihen." Was ist die Bedeutung des Zusatzes "zur Menge"? Es würde doch reichen zu sagen, dass sie den Fischen ähnlich gedeihen sollen. So wie Fische sich stark vermehren, so sollen es auch die Söhne Josefs. Doch Fische haben noch eine weitere Eigenschaft: Die größeren Fische verschlucken die kleineren. Das soll nicht vom Segen umfasst werden, deswegen lautet der Satz, dass sie bezüglich der Menge wie Fische sein sollen, nicht aber in anderen Belangen. Diese Erklärung passt auch gut angesichts der Tatsache, dass Ja'akow während dieses Segens seine Hände überkreuzt hielt, er legte die wichtigere rechte Hand auf den links von ihm stehenden jüngeren Bruder und die linke auf den älteren. Menasche akzeptierte hier, dass sein jüngerer Bruder bevorzugt wurde, es besteht hier nicht die Gefahr, dass der größere den kleineren Bruder überwältigen will.


Am Sterbebett segnete Ja'akov noch einmal alle seine Söhne. Doch obwohl die Tora ausdrücklich davon spricht, dass alle, jeder einzelne mit seinem Segen gesegnet wurde, lesen wir dann, dass einige der Brüder scheinbar keineswegs gesegnet wurden. Schimon, Lewi und Re'uven werden zum Beispiel zurechtgewiesen. Doch in Wahrheit ist nicht das Wünschen von Gesundheit und Erfolg ein Segen. Ein wahrer Segen für eine Person ist es, wenn man ihr sagt, wo ihre Stärken und Schwächen liegen, was die Talente und Neigungen sind, damit die Person sich dieser bewusst sein und sie einsetzen kann.

Daher ist konstruktive Kritik genauso ein Segen wie Lob, den es dient dazu, der gesegneten Person mitzuteilen, woran sie arbeiten muss und wie sie ihre Fähigkeiten einsetzen kann. In diesem Sinne sagt uns die Tora, dass Ja'akov alle Brüder segnete, den einen durch Zuspruch, den anderen durch Kritik, aber alles zusammen war ein großer Segen.


Nach dem Begräbnis von Jaakov wenden sich die Brüder an Josef und erzählen ihm, ihr gemeinsamer Vater Jaakov hätte ihnen vor seinem Tod aufgetragen, ihm auszurichten, sich an ihnen wegen des Verkaufs nicht zu rächen. Raschi erklärt, dass das zwar nicht stimmte, sie aber große Angst vor einer Rache durch Josef, der ja der Herrscher Ägyptens war, hatten und daher um des Friedens Willen von der Wahrheit abwichen. Josef weinte als Reaktion auf diesen Bericht.

Eine bekannte Erklärung für das Weinen ist, dass er traurig war, verdächtigt worden zu sein, obwohl er doch seinen Brüdern vom ganzem Herzen verziehen hatte. Eine vergleichbare Situation wird in der Mischna beschrieben: Vor dem Tempeldienst zu Jom Kippur warnten die Weisen den Kohen Gadol, nicht von ihren Anweisungen abzuweichen. Dies war notwendig, da es auch unwürdige Kohanim Gedolim gab, die absichtlich den Tempeldienst ändern wollten. Nach dieser Warnung entfernten sich sowohl die Weisen als auch der Kohen Gadol weinend - sie, weil sie möglicherweise einen Unschuldigen verdächtig hatten und er, weil er verdächtigt wurde.

Der Ramban erklärt, dass Josef sich seit der Wiedervereinigung mit seinem Vater stets bemühte, dass dieser nichts vom Verkauf Josefs durch die Brüder mitbekam. So war er zum Beispiel nie alleine mit seinem Vater, damit dieser die Situation nicht nutzen konnte, um Josef zu fragen, was genau damals eigentlich geschehen ist. Als er nun den vermeintlichen Befehl seines Vaters hörte, musste er nach einer anderen Erklärung annehmen, dass die Brüder es ihm schlussendlich doch erzählt hatten. Die Tatsache, dass sein alter Vater so sehr gekränkt wurde, obwohl er sich redlich bemüht hatte dies zu verhindern, machte Josef traurig, sodass er weinte.


 Ich möchte euch sagen, was euch am Ende der Tage geschehen wird. Haltet zusammen und höret!

Raschi erklärt, dass Jaakov vor seinem Tod über das Ende (aller Exile) und dessen Zeitpunkt sprechen wollte. Doch die g'ttliche Gegenwart verließ ihn, sodass er es nicht mehr wusste, weshalb er, laut Raschi, etwas anderes sagte. Doch er wechselte das Thema nicht: Was folgt ist ein Ratschlag von Jaakov an seine Nachfahren, wie sie die endgültige Erlösung erfahren können, wenn er ihnen schon keinen genauen Zeitpunkt nennen kann: "Haltet zusammen und höret" sind die zwei essentiellen Ratschläge Jaakovs: Seid als Volk eine Einheit und höret auf die Gebote der Tora. So ist es in eurer Hand, wann ihr erlöst werdet.


Tue mit mir Wohltätigkeit und Wahrheit, begrabe mich nicht in Ägypten.

In der Parascha dieser Woche lässt Ja'akow Josef schwören, dass er ihn nach seinem Tod im Land Israel begraben wird. Raschi erklärt die Worte "Wohltätigkeit und Wahrheit" damit, dass Dienst am Toten wahrhaftige Wohltätigkeit ist, denn man kann nicht erwarten, einen Lohn zu erhalten.

Doch tatsächlich erhalten viele Leute, die damit beschäftigt sind, Wohltätigkeit für Tote zu tun, dafür eine Entlohnung. Man kann allerdings Raschis Erklärung so verstehen, dass man auf jeden Fall vom Toten selber keine Belohnung erhält.

Ein Mensch kann viele Motivationen haben, etwas für andere Leute zu tun. Doch ein Gedanke, der oft zumindest beteiligt ist, ist die Erwartung, dass der andere das selbe für einen tun wird. Wenn man an einer Hochzeit von Kindern seiner Freunde teilnimmt, hofft man insgeheim, dass diese auch zur Hochzeit der eigenen Kinder kommen werden. Wenn man Geschenke schenkt, erhofft man sich, ebenfalls welche zu erhalten. Doch wer etwas für einen Toten tut, kann nicht erwarten, dass dieser es ihm gleich tut. Das ist eine Bedeutung der "wahrhaftigen Wohltätigkeit."

An dieser Wohltätigkeit kann man auch erkennen, was die Motivation eines Menschen für andere gute Taten ist, die er tut: Wenn jemand einem Toten gegenüber wohltätig ist, tut er seine anderen Taten vermutlich auch, um etwas gutes zu tun und um eine Mizwa zu erfüllen. Wenn jemand allerdings immer gerne hilft, aber einem Toten keine Wohltätigkeit erweist, liegt es Nahe, dass diese Person in erster Linie möchte, dass man auch ihr gegenüber wohltätig ist.

Nicht jede vermeintlich gute Tat, die jemand tut, ist dies auch wirklich. Ein einfaches, aber deutliches Beispiel dafür können Eltern sein, die für ihre Kinder die Hausaufgaben machen. Das ist zwar auf den ersten Blick eine gute Tat für das Kind, doch es ist klar, dass dies langfristig keine wahre Wohltat ist: Das Kind lernt so einerseits nichts, andererseits gewöhnt es sich daran, dass sich andere um die eigenen Probleme kümmern. Wir können bei keiner vermeintlichen Wohltat wirklich wissen, ob es eine wahrhaftige Wohltat ist - außer beim Begraben eines Toten.


Ja'akow versammelte vor seinem Tod seine Söhne, um ihnen letzte Worte mitzugeben. Zu Schimon und Levi sagte er: "Schimon und Levi sind Brüder; allein Werkzeug der Gewalt sind ihre Mittel (...), denn in ihrem Zorn haben sie an Menschen Mord geübt und hatten zuvor durch ihre Freundlichkeit deren Stiereskraft gelähmt. Fluch darum ihrem Zorn (...)!"

Ja'akow verflucht hier den Zorn seiner Söhne, der diese dazu brachte, die ganze männliche Bevölkerung der Stadt Sch'chem zu töten. Doch warum tut er dies jetzt, kurz vor seinem Tod, und nicht etwa vierzig Jahre früher, direkt nach der Tat? Damals hatte er ihnen nur vorgeworfen, dass sie seinen Namen beschmutzt hätten, da man ihm nun vorwerfen könnte, dass er Verträge schließt, die er dann nicht hält, sondern seinen Partnern in den Rücken fällt.

Nicht immer hat es einen Sinn, etwas zu sagen, auch wenn man recht hat, wenn keiner einen anhören wird. Ja'akow wusste, dass Schimon und Levi sich direkt nach der Tat - sie waren damals 13 bzw. 12 Jahre alt - seine Worte nicht zu Herzen nehmen werden. Tatsächlich reagierten sie auch auf seine vorsichtig vorgebrachte Zurechtweisung mit Unverständnis. Doch kurz vor dem Tod eines Menschen hat er die Möglichkeit Dinge zu sagen, die er sonst nicht erfolgreich sagen könnte. Eine Zurechtweisung in dieser Situation hat eine viel höhere Chance, gehört und vielleicht sogar beherzigt zu werden. Daher nutzte Ja'akow diese Gelegenheit und wies seine Söhne mit starken Worten zurecht.

Wenn man sieht, dass jemand eine gute Tat tut, kann man nicht wissen, was die Person dazu antreibt, diese Tat zu tun. Als Schimon und Levi die Stadt Sch'chem attackierten, begründeten sie das mit der Entführung ihrer Schwester Dina. Obwohl Ja'akow mit der Vorgehensweise nicht einverstanden war, bewunderte er doch die Hingabe und den Einsatz, den sie für ihre Schwester zeigten. Doch kurz vor seinem Tod, als er die Umstände von Ja'akows Verschwinden langsam zu verstehen begann, wurde ihm erst klar, dass es Schimon und Levi damals nicht ausschließlich um ihre Schwester gegangen sein kann. Denn wenn Geschwisterliebe für sie derart über allem gestanden wäre, hätten sie auch ihren Bruder nicht töten oder verkaufen können.

Wir können nicht erkennen, was jemanden antreibt, der etwas gutes tut. Aber manchmal erhellt eine spätere Tat die ursprüngliche Absicht, wie es in diesem Fall bei Schimon und Levi geschah.


Nach Ja'akows Tod wollte sein Sohn Josef ihn in Israel begraben. Die Gemara in Massechet Sota erklärt uns, dass Pharo ihn zunächst nicht gehen lassen wollte. Als Josef ihm sagte, dass er seinem Vater geschworen hatte, diesen in Israel zu begraben, wies Pharo ihn auf die Möglichkeit hin, Schwüre aufzuheben. Daraufhin erinnerte Josef ihn daran, dass er Pharo einst geschworen hatte, nicht bekannt zu machen, dass er selbst mehr Sprachen spricht als er. Denn in diesem Fall hätte Pharo nicht mehr weiter der Herrscher über Ägypten sein können. Josef deutete also an, dass er seinen Schwur an Pharo auflösen würde, wenn dieser ihn zwingt, den Schwur gegenüber Ja'akow aufheben zu lassen.

Doch es stellt sich die Frage, wo der Zusammenhang zwischen diesen beiden Schwüren ist. Wieso sollte Josef den einen auflösen, nur weil er den anderen auflöst?

In Wirklichkeit wollte Josef Pharo etwas anderes mitteilen: Es ist richtig, dass er den Schwur gegenüber seinem Vater aufheben könnte. Doch damit würde seine natürliche Ehrfucht vor einem Schwur Schaden nehmen, und das könnte dazu führen, dass er schlussendlich den Schwur gegenüber Pharo nicht mehr ernst nimmt.

Das selbe gilt für alle Mizwot: Wenn man koscher isst, und einmal eine Ausnahme macht, und etwas verbotenes zu sich nimmt, ist die Ehrfurcht vor diesem Gebot beschädigt, und man könnte G'tt behüte dazu kommen, die Mizwa nicht mehr ernst zu nehmen. Es ist deshalb wichtig, die Mizwot streng einzuhalten, und sich keine Ausnahmen "zu erlauben."


Die Parascha dieser Woche, Wajechi, hat, anders als es sonst üblich ist, im Sefer Tora keinen neun Buchstaben breiten Abstand zur vorigen Parascha, in der Ja'akow verstorben ist. Beide Abschnitte sind nur durch ein einfaches Leerzeichen getrennt. Der Ausdruck dafür lautet "Parascha stuma", was man mit "verschlossene Parascha" übersetzen könnte. Raschi erklärt, dass das symbolisiert, dass die Augen des Volkes verschlossen oder geblendet waren, und die Unterdrückung nicht sahen. Doch die Unterdrückung begann erst einige Zeit später, nämlich erst nachdem Josef und alle seine Brüder verstorben waren.

Es gibt mehrere Erklärungen, die sich mit dieser Frage beschäftigen.

Eine Erklärung stellt fest, dass zwar die vollständige Unterdrückung noch nicht begonnen hatte, aber schon deutliche Anzeichen zu merken waren. Man merkt es gleich beim Begräbnis Ja'akows: Eigentlich wäre es nicht erlaubt gewesen, Ja'akow außerhalb Ägyptens zu begraben. Nur weil Josef seinem Vater geschworen hatte, ihn im Lande Israel zu begraben, respektierte Pharao diesen Schwur und erlaubte ausnahmsweise ein Begräbnis im Ausland. Die Einengung des Lebens des Volkes hat also schon begonnen, was von den Leuten allerdings nicht bemerkt wurde. Sie hatten gegenüber dieser Entwicklung also verschlossene Augen.

Das lässt sich mit denjenigen Juden in Europa in den Dreißigerjahren des vergangenen Jahrhunderts vergleichen, die zwar theoretisch die Entwicklung verfolgen konnten, aber trotzdem nicht vorhersehen konnten, welche gefährliche Bedeutung es für sie haben würde.

Einer anderen Erklärung nach hat die tatsächliche Unterdrückung zwar erst mit dem Tod des letzten der Söhne Ja'akows begonnen. Aber schon mit Ja'akows Tod war sie abzusehen. Deshalb kann man auch sagen, die Unterdrückung hat schon zu diesem Zeitpunkt begonnen. Etwas sehr ähnliches sehen wir im jüdischen Kalender diese Woche: Die tatsächliche Zerstörung des Tempels fand am 9. Aw statt, an dem wir heutzutage deshalb fasten. Doch schon mit der Belagerung Jeruschalajims zweieinhalb Jahre früher am 10. Tewet war das Ende der Stadt und des Tempels abzusehen. Deshalb gibt es an diesem 10. Tewet einen Fasttag, und dieser ist einem wichtigen Aspekt strenger als jeder andere Fasttag außer Jom Kippur: Er wird weder verschoben, wenn er auf Schabbat fällt, (was im heutigen, auf Kalenderregeln basierten, berechneten Kalender nicht vorkommt), noch, wenn er auf Freitag fällt. Deshalb tritt diesen Freitag etwas auf, was sonst nie vorkommt: Wir fasten an einem Freitag bis zum Schabbat-Beginn.

Wir beten zu G'tt dass wir keine verschlossenen Augen haben, sondern offene Augen für die Tora und ihre Lehren!


In der Parascha dieser Woche befindet sich Ja'akow bereits in Ägypten, und Josef stellt ihm seine beiden Enkelkinder Menasche und Efraim vor. Ja'akow segnet beide. In der Tora steht: "Mit dir wird das Volk segnen." Menasche und Efraim können damit nicht gemeint sein, denn die Tora formuliert im Singular, und nicht "mit euch", im Plural. Daher ist Josef, der Vater der beiden, gemeint.

Normalerweise hat jede neue Generation einen niedrigeren Status als die vorangehenden. Man kann deshalb Jizchak nicht mit Awraham, und Ja'akow nicht mit Jizchak vergleichen. Bei Josef war es aber anders: Seine beide Söhnen waren mit ihm auf einem Level. Deshalb hat Ja'akow sie gesegnet, und seinen 12 Söhnen gleichgestellt. Wir segnen daher unsere Kind "mit Josef", also dass  sie so wie Josefs Kinder mit ihren Eltern auf einer Stufe stehen.


Nach dem Tod von Ja'akow befürchten die Brüder, dass Josef nun, da der Vater nicht lebt, sich an ihnen dafür rächen könnte, dass sie ihn vor Jahren verkauft hatten. Doch woher kommt diese Befürchtung? Josef hat mehrfach betont, dass er ihnen verziehen hat, und hat keine Andeutungen gemacht, dass sich nach dem Tod des Vaters etwas daran geändert hat.

Die Brüder haben aber zwei Dinge beobachtet, die sie zu diesem Verdacht veranlasst haben: Auf der Rückkehr von Ja'akows Begräbnis kommen sie an der Grube vorbei, in die die Brüder Josef einst geworfen haben. Josef bleibt kurz bei der Grube und spricht etwas. Außerdem hat Josef seine Brüder nicht mehr zum gemeinsamen Essen eingeladen, wie das zu Ja'akows Lebzeiten üblich war. Für die Brüder ist klar: Josef wurde durch den Besuch der Grube an den Verkauf durch die Brüder erinnert, und weil er sich von ihnen zunehmend entfernen will, lädt er seine Brüder nicht mehr zum gemeinsamen Mahl ein.

In Wirklichkeit gab es ganz andere Gründe für Josef verhalten.
In der Grube schwebte er in Lebensgefahr, da sich dort giftige Schlangen befanden. Durch ein Wunder überlebte er. Wenn man an einen Ort kommt, an dem einem einmal ein Wunder geschehen ist, muss man eine bestimmte Bracha sprechen. Deshalb ist Josef bei der Heimkehr an diesen Ort gekommen, und hat dort diese Bracha gesagt.
Solange Ja'akow lebte, war klar, dass er am Kopfende des Tisches sitzt. Doch nach seinem Tod gibt es plötzlich einige Anwärter auf diesen Platz: Josef ist der Vizekönig Ägyptens und Hausherr, Reuwen ist der Erstgeborene, von Jehuda werden die Könige der Juden abstammen. Um erneuten Streit zwischen den Brüdern zu vermeiden, entschied sich Josef, seine Brüder nicht mehr zum Essen einzuladen.

Wir lernen daraus, wie wichtig es ist, miteinander zu sprechen und zuzuhören. Die Missverständnisse zwischen Josef und seinen Brüdern wären nie entstanden, wenn sie die Ereignisse und Befürchtungen offen angesprochen hätten.


In der dieswöchigen Parascha rügt Jakow seinen Sohn Ruwen für ein Fehlverhalten, das bereits 48 Jahre zurückliegt. Auch bei anderen Gelegenheiten, hat Jakow bewiesen, dass er lange Schweigen kann: 17 lange Jahre hat er nicht weiter nach seinem verloren geglaubten Sohn Josef gefragt, obwohl er spürte, dass dieser nicht tot ist. Und 20 Jahre lang hat er unter sehr schweren Bedingungen bei seinem Schwiegervater Lawan gearbeitet und wurde dabei vielfach betrogen, ohne dass er ein Wort darüber verloren hat. Erst am Ende der 20 Jahre hat er sich beschwert.

Der Kozker Rebbe hat dazu gesagt, dass es nicht prinzipiell eine Kunst ist, zu schweigen, sondern vor allem dann, wenn man sprechen kann, und trotzdem schweigt. Außerdem hat er noch eine weitere Feststellung über Reden und Schweigen getroffen: "Nur wer es versteht zu schweigen, verdient es auch, zu sprechen."
Beides sieht man deutlich bei Jakow: Er hat nach 20 bzw. 48 Jahren gesprochen. Aber davor konnte er sich lange zurückhalten und schweigen, womit er es verdient hat, nachher so deutlich zu sprechen.


Der Midrasch erzählt, dass Ja'akows Söhne an seinem Sterbebett "Schma Israel" sagten: "Höre Israel, Haschem ist unser G'tt, Haschem ist der Einzige". Ja'akow wurde nämlich in diesem Moment von der Schechina, der g'ttlichen Gegenwart, verlassen. Er befürchtete, dass etwas mit den Söhnen nicht stimme. Deshalb fragte er sie danach, und sie antworteten Ja'akow, dessen zweiter Name Israel war: "Höre Israel, Haschem ist (immer noch) unser G'tt, Haschem ist der Einzige", er brauche sich also keine Sorgen zu machen. Darauf antwortete Ja'akow: "Baruch Schem Kwod malchuto leolam waed."
Diesen Passuk sagen wir bis heute immer leise zwischen "Schma Israel" und dem darauffolgenden Satz "We'ahawta".

Weshalb hat Ja'akow mit diesem Satz geantwortet? Im Beit Hamidkasch wurde der Name G'ttes anders ausgesprochen, als wir es heute beim Gebet tun. Und jedes Mal, wenn der Kohen Gadol den Namen im Beit Hamikdasch so aussprach, antworteten alle Anwesenden mit diesem Passuk. Aber weshalb verwendete Ja'akow ihn in dieser Situation?

Der Grund ist, dass er seinen Söhnen sagte, dass sie so, wie sie jetzt um ihn stehen, um den Mischkan in der Wüste lagern werden. Ja'akows Bett nahm in dieser Aufstellung die Position des Mischkans mit den Tafeln mit den Zehn Geboten und mit dem Sefer Tora ein. Aus diesem Grund haben die Brüder den G'ttesnamen so ausgesprochen, wie er später nur im Beit Hamikdasch ausgesprochen wurde. Und deshalb antwortete Ja'akow mit "Baruch Schem kwod malchuto leolam waed."